Es ist still geworden. Keine Familientreffen, keine Geburtstagsfeste, keine Restaurant-Besuche mit Freunden – so traurig Corona uns aktuell in die Knie zwingt, so reich beschenkt es uns persönlich andererseits auch. Jetzt, wo Spielplätze, Kinos und Co. geschlossen sind, lösen wir einen Vorsatz ein, der schon seit Jahren ganz oben auf unserer “Dieses Jahr machen wir es besser”-Liste steht. Wir verbringen wahnsinnig viel Zeit mit unseren Kindern in der Natur und entdecken dabei unsere Stadt ganz neu. Kaum zu glauben, dass ICH das schreibe, aber ich verspüre momentan nicht mal ein Fünkchen Fernweh, weil wir ständig Neues entdecken und erleben. Hier unsere bisherigen Highlights:

Laubenheimer Ried in Mainz

Brütende Wildgänse, still das Geschehen beobachtende Reiher, über uns kreisende Störche – das Laubenheimer Ried in Mainz hat uns ziemlich sprachlos zurückgelassen. Wir waren auf einen kleinen Natur-Spaziergang eingestellt und wurden plötzlich zu Wald- und Wiesenforschern, die das Gefühl haben, auf einer fernen Expedition unterwegs zu sein. Verwunschene Waldwege führen zu vogel (nicht MENSCHEN-) bevölkerten Weihern und münden in saftig-grüne Wiesen, auf denen außer einigen Baumriesen niemand sein Quartier aufgeschlagen hat.

Wir haben beschlossen, da jetzt sehr oft hin zu fahren, denn mit unseren Mini-Forschern im Gepäck konnten wir nicht mal ansatzweise die Gänze dieses Naturschutzgebietes erfassen. Höhepunkt war für die beiden übrigens das spontane Aufsitzen auf einem Haflinger-Rücken. Eine nette Dame, die grad ihr Kind auf dem Pferd spazieren führte, ließ die beiden netterweise kurz mal “Wendy”-Atmosphäre schnuppern. Das “All Inclusive”-Paket für Familien: Kinderlachen, relativ einsame Natur, Auslauf für kleine Wildfänge… besser geht’s nicht in Zeiten von Kontaktsperre und Co.

Drachensteigen im Weinberg

Drachensteigen geht nur im Herbst? Käse! Wann immer ein Windchen weht, lohnt es sich, das bunte Flattertier einzupacken und in Rheinhessens Weinberge zu fahren. Nicht nur ist man dort meistens fast allein unterwegs, die Windverhältnisse sind stets optimal. Nebenbei entdeckt man außerdem am Wegesrand zahlreiche Kinder-Magneten wie Steinhügel, Kletterbäume und Picknick-Wiesen. Wir finden es am schönsten in der Ecke Stadecken Elsheim-Schwabenheim-Großwinternheim. Einfach irgendwo parken, mutterseelenallein in die Weinberge rein spazieren und ganz ungestört die Frühlingssonne genießen – das geht woanders kaum besser.

Ober-Olmer Wald

Wunderbar für gemütliches Frischluft-Inhalieren eignet sich auch der Ober-Olmer Wald. Das größte zusammenhängende Wald- und Naherholungsgebiet Rheinhessens ist in nur weniger als 30 Minuten von der Mainzer Innenstadt aus zu erreichen. Eine definitiv gute Alternative zum oft überlaufenen Gonsenheimer- und Lennebergwald – auch wenn an sonnigen Tagen die komplett zugeparkte Zufahrtsstraße vermuten lässt, dass dort nicht immer wenig los ist. Wir besuchten dieses kleine Paradies an einem eher wolkenverhangen Tag und genossen relativ menschenleer die Kletterbäume, Wiesen-Weiten und Waldidyll-Aussichten von der “Pyramide”, die inmitten des Waldes in Gedenken an die Völkerverständigung errichtet wurde.

Wildgrabental in Mainz-Bretzenheim

Am Rande des Mainzer Stadtteils Bretzenheim und nur einen Katzensprung entfernt von unserem Zuhause in der Mainzer Oberstadt schlängelt sich vorbei an Feldern ein (momentan ausgetrockneter) Bachlauf bis hin zur Alten Ziegelei. Kirschbaumblüten-Wunder, weite Felder und grüne Wiesen lassen einen vergessen, dass man sich mitten in Mainz befindet. Nur die Geräusche der nahen Autobahn und die Hochhäuser am Horizont lassen erahnen, dass man nicht irgendwo auf dem Dorf gelandet ist. Die Strecke entlang des Wassergrabens lässt sich wunderbar mit dem Fahrrad erkunden – inklusive Picknick und Frisbee-Spielen auf den angrenzenden Wiesen.

Gonsbachtal

Kindheitserinnerungen wurden für mich im Gonsbachtal wach. Im Dorfbach meiner Großeltern beobachteten wir früher stundenlang Kaulquappen, kühlten uns an heißen Sommertagen die Füße und stocherten mit Stöcken im fließenden Nass herum. Unsere beiden wilden Jungs bescherten mir im Gonsbachtal also ein Déjà-vu, wie sie sich da durch das dichte Gebüsch schlängelten und Steinchen ins Gonsbächlein warfen. Auf herrlichen Wiesen entlang des Gewässers lässt es sich außerdem wunderbar picknicken und Mohnblumen pflücken.

Fossilien-Expedition im Steinbruch Weisenau

Bei uns zuhause wohnt seit einiger Zeit ein Mini-Archäologe. Als wir also über den Familien-Blog lokarlchen.de auf den Steinbruch Weisenau aufmerksam wurden, stand der nächste Sonntagsausflug fest. Der ehemalige Steinbruch wird seit einiger Zeit zum Naherholungsgebiet umfunktioniert und ein Rundweg führt rings um die Kalkstein-Felsen, in denen sich tatsächlich zahlreiche Muschel- und Schneckenreste entdecken lassen. Ein Picknick lässt sich dort bestens mit einem “Wer findet das coolste Fossil”-Wettbewerb verbinden.

Nicht kleckern, sondern klotzen!

Oder anders gesagt: Nicht meckern, sondern der aktuellen Situation trotzen! Raus in die Natur, Familienzeit und Termin-Unabhängigkeit genießen und die eigene Heimat ganz neu entdecken. Kontaktsperren und das Runterfahren des öffentlichen Lebens können auch inspirieren und vielleicht sieht der ein oder andere im Nachhinein diese Zeit sogar als Geschenk an. Bei allen Sorgen, Zweifeln und Ängsten – die wir mit zwei kleinen Kindern daheim und ohne Kita-Betreuung  momentan auch nur zu gut kennen – bietet diese Zeit auch viel Schönes, oder um es mit Goethes Worten auszudrücken “Das Gute liegt oft so nah.”


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